Ich lese „Sie freuen sich, wenn Ihre Kinder endlich wieder zur Schule gehen“ - und denke an die vielen Familien und Alleinerziehenden, die momentan jonglieren, wie sie es hinbekommen mit Kindern zuhause und der eigenen Berufstätigkeit.
Ich lese „Streiten Sie wegen Kleinigkeiten“ - und denke an die vielen Menschen, die nun in engen Stadtwohnungen aufeinander hocken, während die Nerven immer blanker liegen.
Ich lese „Sie dürfen keinen Besuch empfangen“ - und merke, wie sehr ich es vermisse, gemeinsam mit anderen um den Esstisch zu sitzen und miteinander ohne Abstandsbeschränkung zu reden, zu essen und zu lachen.
Ich lese „Sie halten die Isolation nicht mehr aus“ - und denke an die vielen alten Menschen in den Seniorenheimen.
Genauso ist es, denke ich. Da hat jemand unsere Situation gut erkannt und ins Bild gesetzt…
Und dann fällt mein Blick nach rechts und ich lese: „LAGERKOLLER? WIR AUCH! Für UNS ist es nur Ausnahme, für Asylsuchende im Anker-Zentrum schon lange erzwungener Alltag.“
Und ich bin beschämt, weil der Ausnahmezustand bei uns, der mir immer wieder schwer fällt, schon lange Alltag bei den Flüchtlingen ist.
[Bild aus: Hinterland 45/2020 (Magazin des Bayerischen Flüchtlingsrates) Zeichner: Matthias Weinzierl]
[Text von Susanne Wittmann-Schechtweg]
Kommentar schreiben
Susanne Freund (Donnerstag, 28 Mai 2020 18:24)
Und dann werde ich wieder demütig und dankbar ...
Sandy (Donnerstag, 28 Mai 2020 22:51)
Oh ja... Wir sollten dankbar sein für das, was wir haben...
Trotz der Einschränkungen geht es uns doch gut... Vielen, vielen anderen leider nicht.