Das sind sie – die ersten Schuhe unserer Kinder. Beim Stöbern in diesen Tagen sind sie mir wieder in die Hände gefallen. Mehr als zwanzig Jahre haben wir sie aufgehoben. Ja, sie sind in die Jahre gekommen und das sieht man ihnen auch an. Gebraucht, abgelaufen, abgestoßen an den Spitzen und dennoch - auch jetzt bringe ich es nicht über das Herz, sie zu entsorgen.
Viele Erinnerungen verbinde ich mit den Schuhen. Und wer weiß, vielleicht werden unsere Kinder einmal selbst Nachwuchs haben und dann die Geschichten, die sie von uns gehört haben, weitererzählen - von ihren ersten Schritten in diesen Schuhen.
Vielleicht erzählen sie dann, dass es anfangs gar nicht so bequem war, mit diesen Schuhen zu laufen. Oder wie schwierig es war, die richtigen Schuhe überhaupt zu bekommen – Größe 17 führte kein Schuhgeschäft in Bamberg.
Mir fällt da natürlich noch mehr dazu ein:
Die Erwartung von mir, dass sie endlich anfangen zu laufen, ihre ersten Schritte machen – wohl wissend, dass es ein Schritt von mir weg ist. Da spüre ich wieder die Schrecksekunden, als sie noch unsicher ausbalancierend einen Fuß vor den anderen setzten und dann manchmal plötzlich auf den Popo plumpsten oder haarscharf an der Tischkante vorbeigeschrammt sind. Da spüre ich wieder die warmen Kinderhände, die sich so vertrauensvoll in die großen Elternhände geschoben haben.
Und immer im Hinterkopf die Stimme – pass auf, Schritt vor Schritt, mach langsam, halt dich fest, sei vorsichtig!
Gewachsen sind die Füße unserer Kinder und größer sind die Schuhe im Laufe der Jahre geworden. Nach den ersten Schuhen kamen die Hausschuhe, die Gummistiefel, Winterstiefel, Turnschuhe, später Schlittschuhe und Skischuhe dazu.
Nicht immer haben wir uns beim Kauf einigen können. Was ich für sinnvoll gehalten habe, fand vor allem nicht immer Anklang bei unserer Tochter. Da hat es manchmal gutes Zureden bedurft, bevor sie eingesehen hat, dass im Winter Chucks eher zu einer Erkältung führen als gefütterte Stiefel.
Und immer im Hinterkopf die Stimme – pass auf, sei vorsichtig!
Nein, unsere Kinder waren nicht immer vorsichtig und es waren nicht immer nur kleine Schritte. Im Laufe der Zeit sind sie mutiger geworden und haben manchmal auch größere Sprünge gewagt oder sind darauflos gelaufen. Neue Wege sind sie gegangen. Und manche Schramme, Beule oder auch Platzwunde haben wir verarztet.
Aber ich erinnere mich auch daran, wieviel Fröhlichkeit, Lachen, Unbeschwertheit in diesen Zeiten, als die Kinder die ersten Schritte wagten, in unserem Leben war. Fröhlichkeit und Unbeschwertheit, die ich in den letzten Wochen nicht immer gespürt habe.
Und dann sehe ich nach der Lockerung der Ausgangsbeschränkung meine kleine Großnichte Antonia endlich wieder. Sie kann jetzt laufen!!!
Und ich höre genau die Worte von ihrer Mutter, die zu ihr sagt:
„pass auf, Schritt vor Schritt, mach langsam, halt dich fest, sei vorsichtig!“
Die Kleine aber schaut dann ganz spitzbübisch ihre Mutter an und läuft noch ein paar Schritte weiter.
Und mir fällt dazu das Lied ein: „Fröhlich gehe ich, denn der Herr begleitet mich…“
Ja, er begleitet mich und uns und auch Sie durch diese Zeit!
Und ich packe die Erstlingsschuhe unserer Kinder wieder zurück in den Schrank.
[Bild und Text von Prädikantin Susanne Freund]
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Sabine Jahn (Mittwoch, 20 Mai 2020 19:30)
Danke, liebe Susi�auch ich habe die ersten Schühchen unserer Kinder aufgehoben. Zwei Kinder haben schon geheiratet und gehen jetzt ihre Schritte mit ihrem/r Partner/in. Deshalb haben sie zur Hochzeit ihre ersten Schuhe geschenkt bekommen zur Erinnerung an die ersten und vielen weiteren Schritte unter unserer Obhut.