Entwarnung

Ich arbeite auf der Corona-Verdachtsstation.

Bei den Patienten sind wir täglich nur kurz im Zimmer, voll vermummt mit Haube, Schutzbrille, Maske, Überkittel. Gestalten ohne Gesicht.

Sprache und Sprachmelodie werden plötzlich viel wichtiger, Orientierung geben, Informieren, die Frage nach dem Befinden, die kleine Bemerkung über das Nötigste hinaus.

Angst ist oft präsent, die Leute sind ja wegen Beschwerden da, die vielleicht nichts mit Corona zu tun haben, doppelte Angst, doppelte Unsicherheit, der Rest der Welt weit weg, nichts zu tun. Wie gut, dass auch die Seelsorger telefonisch erreichbar sind. Hoffentlich haben die Patienten den Mut, das zu nutzen, wir ermuntern sie.

Nach Abschluss der Testung, wenn das Virus ausgeschlossen ist, ist mir ein besonders wichtiges persönliches Ritual geworden, ohne Maske usf. ins Zimmer zu gehen. Entwarnung.

 Die Erleichterung in den Augen nach so vielen anonymen Gestalten: da kommt ein ganz normaler Mensch ins Zimmer. Da ist was wieder normal. Noch einmal Besprechung, wie es weitergeht, gute Wünsche. Die Intensität der an mich zurückgegebenen guten Wünsche berührt mich immer wieder.

[von Viola Teske, Ärztin]

[Bild von Engin Akyurt | Unsplah]

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Susanne Wittmann-Schlechtweg (Freitag, 24 April 2020 15:55)

    "...da kommt ein ganz normaler Mensch ins Zimmer" - ich ahne, welche Freude das für die PatientInnen ist.
    Ich merke schon, wie anstrengend und schwierig es ist, an den Augen abzulesen, wenn einen jemand beim Einkaufen anlächelt.

  • #2

    Sandy (Freitag, 24 April 2020 20:20)

    Schon wir Erwachsene finden es schwieg, ohne Mimik unser Gegenüber immer zu verstehen... Wie mag es erst kleinen Kindern gehen...