Urlaub zu Hause

Als die Tage jetzt heller und länger wurden... als die Vögel bei Sonnenaufgang nicht mehr nur gepiepst, sondern ihre Frühlingsmelodie gesungen haben... als die ersten Blüten aus den Zweigen geschossen kamen... da ist es mir gegangen wie jedes Jahr um diese Zeit. Ich habe Fernweh bekommen.

 

Eigentlich verrückt. Jetzt, wo es bei uns richtig schön wird, nach dem dunklen und nassen Winter... da kriege ich Fernweh. Wer wollte dem Bärlauch und dem Waldmeister an den Waldrändern entfliehen, dem ersten, kostbaren, frisch gestochenen Spargel in den Verkaufsbuden oder den ersten Frühstücken im Freien?

 

Aber wie der Kuckuck ruft… da muss ich an Abende in der Toskana denken, auf der Terrasse mit gutem Olivenöl auf den Tomaten. (Auch wenn der toskanische Kuckuck eine Quart ruft und keine Terz, wie der fränkische hinter meinem Gartenzaun.)

Wie der April sich manchmal ausregnet, das erinnert mich an Irland mit Regengüssen wie aus Kübeln.

Und mein Aufatmen, nach dem Winter, das hat was vom Durchschnaufen im Urlaub, ganz weit weg von allem, was einen sonst antreibt. Und dann fernweht es wohl in mir.

 

Heuer fahre ich nicht weg. Fahren wir alle nicht weg. Also mache ich manchmal, eine Viertelstunde, eine halbe Stunde Urlaub zu Hause. Da höre ich gut hin, wenn er ruft, der Kuckuck. Lass ich mich nassregnen vom fränkischen Regen (wenn er dann endlich mal kommt). Schnaufe durch, wenn es geht. Ganz bewusst. Beim Spazierengehen stelle ich mir vor, ich sehe die vertrauten Ecken zum ersten Mal. Wie eine Touristin. Und kann mich gar nicht sattsehen an den Blüten, kriege nicht genug vom Brummen der Hummeln und davon, wie der Flieder riecht, wenn die Sonne drauf scheint. Und ich merke, etwas ist ja auch ganz anders als sonst:

Es klingt.

Ohne Flugzeugrauschen und Autobrausen singen die Vögel lauter, fröhlicher. Als wollten sie die neue Akustik ausnutzen. Als ob auch sie ihn genießen, ihren Urlaub zu Hause.

 

Und? Was ist für Sie gerade Ihr Urlaub zu Hause?

 

[von Vikarin Natalie Schreiber]

[Bild: Carolina Marinelli | Unsplash]

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Sandy (Donnerstag, 23 April 2020 18:07)

    Urlaub zu Hause... Das ist für mich im Moment eine heiße Tasse Kaffee auf dem Balkon und im Garten mein Strandkorb. So träume ich mit guter Musik vom Meeresrauschen.
    Und Kinderlachen - das ist sowieso Urlaub für die Seele.

  • #2

    Susanne Freund (Donnerstag, 23 April 2020 21:22)

    Urlaub daheim:
    Romnee spielen, viele Bücher lesen, lang schlafen und vor mich hin träumen

  • #3

    Elisabeth Buck (Sonntag, 26 April 2020 22:46)

    Ja, ich auch so: Die vertrauten Ecken anschauen, als sähe ich sie zum ersten Mal. Wie eine Touristin. Staunend, wie wunderschön es bei uns ist.