Wenn wir auf Konfirmandenfreizeit fahren, machen wir ein Spiel. Am ersten Abend zieht jeder verdeckt den Namen eines Mitkonfirmanden. „Der oder die ist in den kommenden drei Tagen dein geheimer Freund.“, sag ich dann. „Bitte verhalte dich ihm gegenüber so, dass er ahnt: Du bist sein geheimer Freund. Du darfst es ihm aber auf keinen Fall verraten. Er soll es irgendwie merken.“
Die Aufgabe ist gar nicht so leicht. „Wie soll ich das machen!?“ Immer wieder kommen die Konfis und fragen mich. „Lass dir was einfallen!“ Am Ende der Freizeit lösen wir das Spiel auf. Jeder darf seine Vermutung äußern, wer sein geheimer Freund war. Manchen ist es ganz klar. Da war einer ganz besonders nett und aufmerksam. Andere haben keine Ahnung. Dann wird nachgefragt. Wer hatte diesen Namen gezogen? Hatte der sich wenig Mühe gegeben? Oder lag es etwa daran, dass so manche Zuwendung und Freundlichkeit nicht bemerkt wurde. Das ist gar nicht so selten. „Ich hab´ doch beim Essen gefragt, ob ich dir noch etwas vom Buffet holen soll. – Ich hatte doch gesagt, dass dein Pulli schön aussieht.“ „Jetzt, wo du es sagst. Ich hab´ das gar nicht gemerkt. “
Irgendwann einmal kam mir der Gedanke: Dieses Spiel erinnert dich an die Geschichte von den zwei Jüngern aus Emmaus:
Jesus wurde am Kreuz umgebracht. Sie haben es gesehen. All ihre Gedanken kreisen um das entsetzliche Geschehen. Ihr Freund ist tot. Ihre Hoffnungen begraben. Das Leben, das sie in ihm und mit ihm gelebt und gefunden hatten: Vergangenheit. Sie gehen wieder nach Hause. Zurück in ihr altes Leben. Auf diesem Weg zurück begegnet ihnen einer. Er spricht sie an. Er lässt sie reden. Er hört ihnen zu. Was sie erlebt haben, sieht er in einem anderen Licht. Er bringt Gott ins Spiel. Er bringt ihre Trauer mit Gott zusammen. Das Gespräch tut ihnen gut. „Aber ihre Augen sind gehalten.“ So heißt es im biblischen Text. Da ist ER. ER ist ihr geheimer Freund. Aber sie merken es nicht.
Wer die Geschichte liest, ist schon vorher ins Bild gesetzt: ER ist der auferstandene Christus. ER geht mit. Am Ende ihres Weges, an einem Gasthaus angekommen, bitten die beiden: Bleib bei uns. Es wird schon dunkel. ER setzt sich mit ihnen an den Tisch, teilt das Brot und segnet den Wein. Da erkennen sie ihn. Jetzt können sie es allen sagen: Jesus lebt. Jesus ist ihr geheimer Freund.
Meine Augen sind auch gehalten; in diesen Tagen allzumal. Gehalten von den Bildern, die ich sehe: Krankenbetten, Masken und Beatmungsgeräte, stillstehende Montagebänder, leere Straßen und geschlossene Spielplätze…
Aber ich höre die Osterbotschaft. Sie setzt mich ins Bild:
Jesus lebt. Jesus ist dein geheimer Freund. Jesus hat deinen Namen gezogen. Du gehörst zu ihm.
Ich will Jesus bitten:
Geh nicht weg. Bleib bei mir.
Es ist dunkel. Ich seh´ dich nicht.
Sprich mich an, damit ich dir sagen kann, was mich gefangen nimmt.
Schenk mir dein Wort und setz mich neu ins Bild des Lebens.
Du hast einmal den Tod besiegt; besiege ihn immer wieder neu in mir.
Geh mit mir auf die Suche nach den Zeichen des Lebens.
Löse meinen Blick, öffne meine Augen, dass ich dich erkenne.
Du lebst. Du bist mein Freund.
Amen
[von Pfr. Andreas Schlechtweg]
[Bild von Kees de Kort]
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Susanne Freund (Montag, 13 April 2020 16:31)
Mehr denn je haben wir solch oben Freund nötig!