„Herr Pusch, was machen Sie als Erstes, wenn das Schlimmste überstanden ist?“
„Ich glaube, erst mal nix. Kennen Sie das Loriot-Männchen, das immer wieder von seiner Frau gefragt wird, was es macht. Und es antwortet: Ich will hier einfach nur sitzen. So stelle ich mir das
vor.“
Herr Pusch ist der Landrat von Heinsberg. Heinsberg ist in Deutschland das Gebiet, das von der Corona Krise am meisten betroffen ist. Landrat Pusch arbeitet seit Wochen am Anschlag. Die Süddeutsche Zeitung hat ihn interviewt und ihm diese Frage gestellt: Was machen sie als Erstes, wenn das Ganze hier rum ist.
Was machen Sie als erstes? Denken Sie manchmal darüber nach. Die Antworten werden verschieden ausfallen: Manche kommen zur Zeit echt an ihre Grenzen: Verkäuferinnen, Kassiererinnen, Mitarbeiter der Stadtwerke, Altenpfleger, Krankenschwestern, Ärzte…vielleicht träumen die davon: Ich will einfach nur sitzen.
Und die andern, die müssen sitzen: zuhause, allein, getrennt von ihren Freunden und Familien. Wovon träumen die?
Was machen Sie als erstes, wenn es rum ist. Wovon träumen Sie? Oder trauen Sie sich nicht zu träumen? Träumen tut ja auch weh. Ich spüre dann, was mir fehlt, was ich vermisse.
Das Träumen stärkt mich aber auch. Ich strecke mich aus nach vorn. Ich bleibe nicht stecken im Jetzt.
Ich will da lernen von schon gemachten Erfahrungen. Sie mögen alt sein und doch helfen sie mir.
Im 6. Jahrhundert vor Christus war ein Großteil der Bevölkerung Israels nach Babylon verschleppt. Getrennt von allem, was bisher gut und normal und hilfreich war. Nicht einmal Gottesdienst konnten sie miteinander feiern. Da haben sie miteinander geträumt und ihr Traum wurde zum Gebet.
Ich lese den 126. Psalm:
Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden.
Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein. Da wird man sagen unter den Völkern: Der HERR hat Großes an ihnen getan!
Der HERR hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich.
HERR, bringe zurück unsre Gefangenen, wie du die Bäche wiederbringst im Südland.
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
Sie gehen hin und weinen und tragen guten Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.
Wovon träumen Sie?
Nun dürfen Sie noch etwas Besonderes anhören. Bei einem workshop auf der letzten Konfifreizeit haben Konfirmandinnen und Konfirmanden den 126. Psalm zu einem RAP gestaltet und aufgenommen. Der Text lehnt sich an, bringt aber auch ganz eigene Erfahrungen zur Sprache. Da heißt es dann zum Beispiel in der letzten Strophe:
Bring zurück unsre Freunde, wir vermissen sie so sehr, wie du bringst jeden Tag jeden Bach zurück ins Meer, wir haben Tränen in den Augen, wenn wir gehen um zu säen, doch schon morgen auf den Feldern werden bunte Blumen stehen.
Die Worte des Refrains sind einem Lied von Thomas Laubach und Thomas Quast entnommen: Und Friede wohne in den Herzen.
Viel Freude beim Hören.
[von Pfr. Andreas Schlechtweg mit Konfirmandinnen und Konfirmanden des aktuellen Jahrgangs]
[Bild von Daiga Ellaby | Unsplash]
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Sandy (Mittwoch, 01 April 2020 13:07)
Einen riesigen Applaus an die Konfis... Super...
Ich träume von der Zeit danach... Ich glaube und hoffe, dass wir in der Zeit danach unser Leben mehr genießen und den wichtigen Dingen im Leben mehr Beachtung schenken... Haben wir doch in dieser schweren Zeit schmerzlich erfahren, was uns fehlt. Egal was es bei jedem Einzelnen ist...
Susanne Freund (Mittwoch, 01 April 2020 16:47)
Klasse!
Ich freue mich, wenn wir alle gesund durch die Zeit kommen und uns wieder treffen/die Hände reichen/umarmen dürfen!
Susanne Freund (Freitag, 03 April 2020 13:56)
Dann gehe ich gleich zum Friseur �
Binkert Jörg (Freitag, 10 April 2020 16:50)
Das erste was ich mach wenn es rum ist? Den Biergarten eröffnen und jeden Gast per Handschlag persönlich begrüßen! (falls das zeitgleich wieder möglich sein sollte).